Trojanisches Pferd TTIP – Pat Christ

Künf­tig soll er supra­na­tio­nal orga­ni­siert werden, der Handel von Waren und Dienst­leis­tun­gen. TTIP heißt das Stich­wort, das seit Mona­ten durch die Medien geis­tert. Die Ängste sind groß. TTIP, wird vermu­tet, treibt einen auf Ausbeu­tung und absur­des Wachs­tum gerich­te­ten Wirt­schafts­pro­zess weiter voran. Bemer­kens­wert: Der Wider­stand hier­ge­gen führt eine Viel­zahl von Akteu­ren zusam­men. „Unser Bünd­nis gegen TTIP besteht aus mitt­ler­wei­le 80 Orga­ni­sa­tio­nen“, sagt der Berli­ner Akti­vist Jürgen Maier.

Reine Raff- und Macht­gier steckt hinter TTIP, vermu­ten die Gegner. Sieger werden wieder einmal Groß­kon­zer­ne und deren Anteils­eig­ner sein. Sie brau­chen immer neue Möglich­kei­ten, ihre Gewin­ne zu maxi­mie­ren. Vor allem durch Dere­gu­lie­run­gen und die Verhin­de­rung neuer ökolo­gi­scher, wirt­schaft­li­cher und sozia­ler Regulierungsmaßnahmen.

In erster Linie deshalb kündet TTIP großes Unglück, ist Jürgen Maier über­zeugt. Kommt das Abkom­men, würde es prak­tisch unmög­lich, die notwen­di­gen Schrit­te für die Trans­for­ma­ti­on hin zu einer grünen oder nach­hal­ti­gen Wirt­schaft zu ergrei­fen: „TTIP ist ein Riesen­hin­der­nis für alle künf­ti­gen Regu­lie­rungs­maß­nah­men.“ Zwar setzen sich nicht alle im Bünd­nis orga­ni­sier­ten TTIP-Gegner für ein huma­nes Wirt­schaf­ten im Sinne unse­rer Zeit­schrift ein. „Doch die meis­ten Orga­ni­sa­tio­nen vertre­ten eine andere Handels­po­li­tik“, betont der Geschäfts­füh­rer des 1992 nach der UN-Konfe­renz für Umwelt und Entwick­lung gegrün­de­ten Berli­ner „Forums Umwelt & Entwicklung“.

Für ihn ist beson­ders skan­da­lös, dass eine kleine Élite neoli­be­ra­ler Ideo­lo­gen hinter den Kulis­sen ihr Projekt einer weit­ge­hend dere­gu­lier­ten Welt­wirt­schaft seit Jahr­zehn­ten durch­zu­zie­hen vermag: „Mit Rück­schlä­gen zwar, aber unbe­irrt.“ Schon lange werde geheim verhan­delt: „Zunächst in der WTO, jetzt in TTIP, CETA, TiSA und so weiter.“ Für Maier selbst geht es dabei nicht, wie den Menschen vorge­spie­gelt wird, um den Handel: „Sondern um eine neue Welle von Dere­gu­lie­rung und Libe­ra­li­sie­rung.“ Dies jedoch müsse verbrämt werden: „Denn nach der Finanz­kri­se von 2008 ist das neoli­be­ra­le Modell sehr unpo­pu­lär geworden.“

Ein gefähr­li­cher Verhandlungspartner
Dass Regu­lie­run­gen in Form von New Deal, Kartell­recht, Börsen­auf­sicht und Mitbe­stim­mung all jenen, denen es um profi­ta­ble Kapi­tal­ver­wer­tung geht, ein Dorn im Auge sind, darauf weist auch Werner Rüge­mer immer wieder hin. Der den Leser der HUMANEN WIRTSCHAFT bestens bekann­te Publi­zist initi­ier­te bereits im Januar einen Aufruf gegen das Frei­han­dels­ab­kom­men – und zwar aus Arbeit­neh­mer­sicht. Denn wenn es um Arbeit­neh­mer­rech­te geht, seien die USA ein gera­de­zu gefähr­li­cher Verhand­lungs­part­ner, so Rügemer.

Wich­ti­ge Normen der ILO haben in den USA keine Bedeu­tung. Sie wurden schlicht nicht rati­fi­ziert. Dazu gehört unter ande­rem die Koali­ti­ons­frei­heit, also auch das Recht der Beschäf­tig­ten, sich, etwa in Gewerk­schaf­ten, frei zu orga­ni­sie­ren. Während Arbeit­neh­mer­rech­te einge­schränkt werden, kämpft die Wirt­schafts­lob­by im Zusam­men­hang mit TTIP, laut Jürgen Maier, um eine Ausdeh­nung ihres Einflus­ses. Sie möchte Regie­run­gen künf­tig „bera­ten“, wie Geset­ze zu ändern sind. „Proac­ti­ve requi­re­ment“ nenne sich dies: „Ein demo­kra­tie­po­li­ti­scher Skandal.“

Der Börsen­wert von Unter­neh­men steigt aber nun einmal nicht durch sozia­les und demo­kra­ti­sches Verhal­ten. Auch wenn sich angeb­lich CSR-Ratings durch­zu­set­zen begin­nen. Rüge­mer zufol­ge haben inzwi­schen 24 von 50 Bundes­staa­ten in den USA so genann­te „Right to work“-Gesetze imple­men­tiert, die Gewerk­schafts­rech­te zum Teil dras­tisch einschränken.

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